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Anonymous, 1747. Etwas von einem lebendigen Rhinoceros oder Nasen-Horn, welches man im April. 1747 nacher Dressden gebracht, und ums Geld sehen lassen. Neu-eröffnete historische Correspondenz von alten und neuen Curiosis Saxonicis {Curiosa Saxonica] 1747 April (Erste Helfte): 114-125

  details
 
Location: Captive
Subject: Captivity - Before 1800
Species: Indian Rhino


Original text on this topic:
Anonymous, 1747. Etwas von einem lebendigen Rhinoceros oder Nasen-Horn, welches man im April. 1747 nacher Dressden gebracht, und ums Geld sehen lassen. Neu-eröffnete historische Correspondenz von alten und neuen Curiosis Saxonicis [Curiosa Saxonica], 1747 April (Erste Helfte): 114-125
Text
[114] No. XXIV. Etwas von einem lebendigen kkmoceros oder Nasen-Horn, welches man im April. 1747 nachherr Drecßden gebracht, und ums Geld sehen lassen.
Den 7. April. 1747. hat man aus München in einen grossen hohen mit Eisen starck befestigten Kasten, welcher auf einen Wagen gestanden, den man mit 10. Pferden gezogen, einen lebendigen Rhinoceros. so nach vieler Gelehrten Gedancken der Behemoth seyn soll, nach der Beschreibung im Buch Hiob am 40. Capitel, v. io. in Dreßden eingebracht, und mit solchen in rothen Hirsch vor dem Pirnaischen Thor eingekehret, allwo man es in einen Stall eingesperret, und täglich früh von 9. biß 12. und Nachmittags von 2. biß 6. Uhr ums Geld sehen lassen, weiln nun dergleichen Thier niemahlen nach Sachsen kommen, und lebendig gesehen worden, als hat man davon folgenden Abriß denen Curiosis zu gefallen beygefüget:
[115] Illustration, rhino in simple landscape, head to top of page
[116] Von diesem Wunder-Thier hat der Herr Capitai Douwemont, der solches im Jahr 1741. als es 3. Jahr alt gewesen, aus Bengalen nach Holland gebracht, eine kurtze Beschreibung fol- gendes Inhalts bekannt gemacht:
Dieses Rhinoceros, welches nunmehro Anno 1747. Acht Jahr alt, wieget bey nahe 5000 Pfund, und ist gleichsam noch ein Kalb, dieweil dasselbe noch viele Jahr wachset, und diese Thiere bey 100. Jahr alt werden sollen. Es ist in Asien unter der Herrschafft des grossen Moguls, in der Landschafft Asem, welches von Sachsen bey 4000. Meilen entfernet, gefangen worden. Dieser Rhinoceros ist dunckel-braun, hat keine Haare, gleichwie der Elephant, doch an den Ohren und am Ende von dem Schwantz seynd einige Härlein; Auf der Nase hat es sein Horn, womit cs die Erde viel geschwinder kan durchgraben, als niemahls ein Bauer mit dem Pflug thut, ist schnell im Lauffcn, kan schwimmen und tauchen im Wasser, wie eine Endte; sein Kopff ist nach und nach forne spitzig, die Ohren gleich eines Esels, die Augen, nach Proportion von dem grossen Thier, sehr klein, und kan nicht anders, als über die Seite von sich absehen. Die Haut ist, als ob sie mit Schilden gedeckt sey, dieselben schlagen wohl eine Hand-breit übereinander hin, sie seynd 2. Zoll dicke ; die Füsse sind kurz und dick, als wie des Elephanten, versehen mit 3. Klauen. Dieses Thier ist der gröste Feind von Elephanten, so, daß, wenn es ihm antrifft, denselben
[117] unten mit seinem Horn mitten in Leib stösset, auch aufreiset und tödtet. Zu täglicher Unterhaltung muß es haben: 60. Pfund Heu, 20. Pfund Brodt, und 14. Eymer Wasser.
Es ist, wie der Eigenthümer dieses Thiers meldet, so zahm als ein Lamm, indem es nur einen Monath alt gewesen, wie man es mit Stricken gefangen, nachdem zuvor die Mutter von diesem Thier mit Pfeilen von den wilden Indianern todt geschossen worden. Dieses Thier ist, wie es gar jung gewesen, 2. Jahr in denen Zimmern um den Tisch gelausten, zur Curiosität, wo vornehme Dames und Herren gespeiset. Dieses wunderbare Thier giebet auch etwas von sich, wodurch viel Leute von der hinfallenden Kranck heit glücklich sind curiret worden.

So wunderbar ist GOTT in seinen Creaturen
Man findet überall der Allmacht weise Spuhren
Von so viel Tausenden ist keins so groß und klein,
Wo dessen Herzlichkeit nicht wird zu sehen seyn.
Betrachte dieses Thier, so du hier von dir siehest,
[118] Und mach den Schluß, ob du mit recht dich nicht bemühest,
Im Buche der Natur nach gottes Wunder-Macht
zu forschen einsiglich so wohl bey tag und Nacht;
Das Auge wundert sich, der Mund muß frey bekennen:
GOTT ist wie Allmachts-voll so wundersam zunennen!
Und dieses treibet uns zu dessen Lobe an,
Der wohl niemahlen gnug gepriesen werden kan;
Besonders wann man auch noch dieses hinzusetzet:
GOTT hats gemacht, daß sich der mensch darob ergötzet.

Daß vorherstehende Nachricht mit denenjenigen, die man in denen Reise-Beschreibungen findet, ziemlich übereinkommet, ist nicht zu leugnen; Damit aber die Liebhaber von solchen Sachen auch lesen, was andere von diesem wunderbaren Nasenhorn geschrieben, so hat man zuförderst aus Johann Neuhofs Beschreibung des Reichs Sina p. m. 348. nachstehendes excerpiret: In der Provintz Suchuen hat man, sonderlich den der kleinen Stadt Po, das Thier, so auf Griechisch Rhinoceros genannt wird, von dem Horn, das es auf der Nasen hat, Die Haut dieses Thiers
[119] Thiers ist dunckel-aschenfarbig, wie des Elephanten, der Leib glatt und ohne alles Haar: auch ist die Haut voll Streiffen und Fallen, so übereinander liegen, und so hart, daß man mit einem guten Japanischen Sabel kaum dadurch hauen kan. Denn diß Thier ist nicht mit Schuppen gewapnet, wie es gemahlet wird, sondern die vielen Kerben, Streifen und Falten sind nur wie Schuppen oder Schilde anzusehen. Es hat ein Maul, dem Sau-Russel fast ähnlich, doch nicht so stumpf, sondern etwas spitzer; und über den Nasenlöchern führet es, wie oben gesagt, ein spitziges, scharffcs aufwärts stehendes Horn, so gemeiniglich schwartz, zum öffern Aschenfarbig, und bißweilen, wiewohl nur selten, weiß von Farbe, welches letztere viel theurer, als die andern verkaufft wird. Seine Grösse und Dicke aber ist bey nahe wie des Elephanten, ohne, daß es viel kürtzere Beine hat, welches sein Ansehen nicht wenig verringert. Es ist die Art und Natur dieses Thiers, daß es niemand Schaden thut, es sey denn von ihm beleidiget und zu Zorn gereiht, und wo das geschehen, wütet und tobet es greulich, nicht allein wider seinen Beleidiger, sondern auch wieder alles, was auf dem Wege stehet und gehet, so gar, daß es auch grosse Bäume mit Gewalt zur Erden wirfft. Wann es einen Menschen niedergeworsten, lecket es ihm mit seiner rauhen und schärften Zunge todt; darnach fristet es Haut und Fleisch, und lässet die Knochen liegen, anders wie der Löwe, welcher
[120] auch die Gebeine zermalmet. Ein sehr merckwürdig Exempel der Grausamkeit dieses Thiercs erzehlet der berühmte Scribent, Jacobus Bontius: Als ohnlängst, spricht er, der Secretarius unterer Stadt Batavia auf der Insul Java, Diedericus Jemming, mit zween andern zur Luft in den Busch geritten, traf er an einen morastichten Orte einen Rhinoceros mit seinen Zungen an, welcher, als er diese Leute sähe, aufstund, fein langsam zurückc gieng, und seine Jungen vor sich her nach dem Busche trieb, auch dieselben, wo sie bißweilen stehen blieben, mit dem Ryssel fortstieß. Immittelst war einer von den dreyen hinter dem Thiere her, und gab ihm mit einem Japanischen Säbel von hinten zu einen Hieb nach dem an- dern ; aber die Haut war so dicke, daß auch der stärckstc Hieb nicht durchgieng, sondern nur etli- che weisse Streiften sich auf den Rücken und Lenden sehen liessen. Das Thier litte alles mit Gedüst, so lange, biß es die Jungen unter die Dorn-Büsche verstecket: nachgehends aber fieng es an hefftig zu gruntzen, brummen, rumoren, wüten und toben, flöhe auf den Reuter zu, und erwischete ihn, da er noch fechten wolte, bey den Hosen, welche bald kürtzer worden; das Pferd aber, so vielleicht klüger, als der Aufsitzer, sprang eiligst zurücke, und nahm die Flucht. Dcme folgte das Thier mit aller Macht, und warf im Lausten starcke Baume, und alles, was im Wege stund, mit grossen Knalle zu Boden. Als der Reuter wieder an den Ott kam, da er seine Gefährden
[121] gelassen, und das Thier selbige ansichtig ward, verließ es den Reuter, und gierig auf die andern loß; welche, dessen Grimm zu entgehen, sich hinter zwey Bäume, so kaum zwey Fuß von einander stunden, verkrochen. Da wolle das rumme Thier, zu ihrem Glück, zwischen die beyden Bäume durchdringen, wovon selbige nicht anders, als Rieth gebeuget worden, kunte aber doch seinem dicken Leibe keinen Durchgang verschaffen ; Unterdessen bekamen die hinter den Bäumen Zeit und Gelegenheit ihre Rohre zu lösen, da dann das Thier mit einer Kugel recht durchs Gehirn geschoßen und gefallet ward.
Dieses Thiercs ordinaires Futter ist scharff-stachlich Laub und Dorn-Zweige, welche ihm die Zunge, weiln sie überaus hart, im geringsten nicht verletzen. Es führet einen stets-währenden Krieg mit dem Elephanten, und wenn es fechten will, wetzet es vorhero sein Horn auf den Steinen. Im Streit aber mir dem Elephanten stosset es demselben immer nach dem Bauch, da er am weichesten ist, und wenn es ihm allda Lufft gemachet, lässet es ihm liegen, und todt bluten. Es gruntzet wie die Schweine, sein Fleilch aber, welches die Mohren essen, ist so hart und zähe, daß es stählerne Zahne seyn müs- sen, die eS zerbeissen wollen. Der Wein, darinnen die Haut dieses Thieres gedeiht, ist ein kräfftig Mittel wider allerhand böse Fieber: auch
[122] wird von etlichen das Horn wider den Gifft gebrauchet. So weit Neuhofs Worte.
In Johann Jacob Saars Ost-Indianischer Reise-Beschreibung seiner 15jährigen Kriegs-Dienste stehet p. 19. von diesen Rhinocer, daß es ein ungeheuer Thier, welches 2. Schilder auf seinen Leib, auf der Nasen ein starckes Horn, und an Füssen einen Elephanten gleich, dessen Meisters auch wird, wenn sie mit einander streiten; sintemahln es einer unglaublichen Stärcke, daß es auch ziemlich starcke Bäume umreissen kan, maßen dann anno 1647. eines, nachdem es zweene, zwar nicht tödtliche Schüsse bekommen, lebendig gefangen worden, und weiln es noch sehr jung, als hat man grossen Fleiß gethan, dasselbige zahm zu machen und aufzubringen. An demselben befunde man, wiewohl es kaum drey Spannen hoch war, solche Starcke, daß sich jederman darüber verwundern müssen, es hat aber doch nicht gebändiget werden können, sondern ist in wenig Tagen gestorben. (*)
(*) Da, wie obstehet, diese Thiere nicht wohl zu bändigen, so ist um so vielmehr zu bewundern, daß das Dresdner Rhinocer, welches weiblichen Geschlechts ist, sogleich zahm worden, so lange gelebet, und in so weit von Ost-Indien entlegene Lander gebracht werden können, ingleichen daß es das Heu und Brodt zu seiner Nahrung gewöhnet worden, der Augen-Schein aber giebt es, daß es die Wahrheit.
[123] Diese Thiere werden offtmahls gefället, und dem Gouverneur in Batavia die Häupter oder Ryssel samt den Horn (welches in hohen Werth gehalten wird) gebracht, sind aber wegen ihrer Stärcke und Grausamkeit nicht wohl lebendig zu bekommen. Johann von der Behr gedencket auch in seiner Reise-Beschreibung p. 22. dieses Nasen-Horns. Mandelsloe in seiner Oriental. Reise-Beschreibung L. III. p. m. 182. meldet, daß in Bengala die grösten Rhinoceros zu finden, derer Hörner und Blut man für ein gewisses Remedium wider den Gifft brauche.
Woyd in seiner Schatz-Kammer Medic. und natürlicher Dinge p. 244. meldet, daß das Horn von Rhinoceros an Kräfften mit den Einhorn sehr übereinkommen, welchen es zuweilen auch substituiret, und an dessen Stelle gebrauchet werde, wie man denn auch Becher und Schaalen daraus drehe, womit sich einige, wenn sie daraus trincken, vor allem Gifft zu praeserviren suchen, wobey doch der Glaube, wie er hinzu setzet, das beste thun muß &c. Francisci in seinen Ost-und West-Indianischen Lust-und Staats-Garten P. I. p. 707. gedencket bey Beschreibung der Frucht Fockii oder Indianischen Pilsen, (welche zweyerley Art ist, und in die wilde und zahme getheilet wird, die wilde, welcher Frucht gantz gekugelt, und wenn sie reiff gelber Farbe ist, darmit Stängel hat, auch dann und wann von Indianern Datura gcnennet
[124] wird,) daß solche die ordinaire Speise derer Rhinoceren oder Nasen-Hörnern sey. Diese Datura beschleußt seinen Saamen in einer stachlichten Rinde, welche, wenn der Saamen reiff, mit einen Krachen zerberstet, so man sie nur aufs Mindeste anrühret; und alsdenn inwendig asch-farbigte Bohnen mit schwachen Pünctlein angetröpffelt herfür weiset, auch eine berobernde und Sinnen- ändernde Krafft bey ihm hat. vid. Bontius I. 6. c. 35. p. 123. Schlüßlich ist noch zu gedencken, daß man dieses Rhinoccros, welches allhirr in Dreßden wöchentlich mit Fisch-Trahn oder Lein-Oel starck bestreichen müssen, damit die Haut weich geblieben, wiedrigcnfalls dieselbe so hart werden soll daß sie aufspringet.
Nachdem nun dieses Rhinoceros 12. Tage lang von viel 1000. Personen hohen und niedern Standes mit höchsten Vergnügen gesehen worden, und weiln es sehr zahm, und gcdultig wie ein Lamm, betastet und begriffen werden können, auch wenn solchen ein gantzes Brod in Hals geworffen worden, solches in 2. Bissen verschlungen, so hat der Eigenthums-Herr dasselbe am 19. April Mittags wieder in seinen Kasten ordentlich eingehen lassen, solches auf einen von 8. Pferden gezogenen Wagen in die Stadt aufm Taschen-Berg ans Chur -Printzliche Palass geführet, allda in den dabey befindlichen
[125] Reut-Platz gebracht, allwo es die Königl. Aller-und Durchl. Landes-Herrschafften zu sehen Sich allergnadigst gefallen lassen, worauf man solches über Neustadt fort und nach Leipzig abgeführet, allwo man es die bevorstehende Oster- Messe über wird sehen lassen.

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