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Imhof, A.L. (editor), 1761. Nachricht von dem nach Deutschland gebrachten Nashorn. Des neu-eröfneten Historischen Bilder-Saals 12 (In welchem die allgemeine Welt-Geschichte vom Jahr 1749 biß 1756): 846-851

  details
 
Location: Captive
Subject: Captivity - Before 1800
Species: Indian Rhino


Original text on this topic:
States that the rhinoceros was reported to have died in a shipwreck in Marseilles in 1752.
Long description and an illustration (based on Parsons 1743)

Nachricht von dem nach Deutschland gebrachten Naßhorn
Anno 1752 wurde von Marseille gemeldet, daß das seit einigen Jahren zur Schau umgeführte OstiIndische Thier Rhinoceros, oder Naßhorn, als es von seinem Führer, der es nach Neapolis bringen wollte, zu Schiffe embarquiret worden, durch Unvorsichtigkeit der Matrosen, die es zornig machten, und es immer näckten, aus seinem Kasten entkommen, in das Meer gesprungen
[847] und darinn ersoffen seye. In Europa zumal in Deutschland, sahe man es mit vieler Verwunderung, je seltner es ist, daß ein solches Thier über das Meer gesund gebracht, und in den Nördlichen Ländern Europens lange bey Leben erhalten werden kan. Es wurde mit Reis, und Heu gefüttert; von dem erstern fraß es 8 Pfund und vom andern 16 Pfund alle Tage, daneben allerley grüne Waar von mancherley Arth, die ihm angenehmer zu seyn schiene, als sein trocknes Futter. Es soff sehr viel Wasser auf einmal, und war als es zu Nürnberg A. 1747 ankam, 3 Jahr alt. Es schien von stiller Arth zu seyn; denn es ließ sich überal am Leib angreiffen; wenn es aber geschlagen wurde; sowar es sehr zornig, doch ließ es sich durch Darreichung des Futters besänftigen. Im Zorn lief es herum, sprang unglaublich hoch, und rannte mit dem Kopf, ob es gleich noch so plump aussahe, mit grosser Wut und Hurtigkeit gegen die Wände; wie es dann auch im Zorn geschwinder lief, als daß ihm ein Mensch zu Fuß hätte entkommen können. Seiner Größe nach, so war es nicht höher, als eine Kuhe, aber sehr breit und dicke. Sein Kopf war auch sehr groß, und der hintere Theil desselben, so zunächst an den Ohren, in Ansehung des übrigen Gesichts, ausserordentlich hoch; das Gesicht war sehr platt, senkte sich gegen die Mitte auf einmal, und erhob sich hernach wieder, jedoch etwas weniger gegen das Horn zu.
Dieses Horn stund auf seiner Nase, gleich als auf einem Hügel. Es war sehr hart und feste, und hatte keine Höhle oder Kern, wie die Hörner anderer Thiere. Es erhub sich von seinem rauchen Grund an, nicht über einen Zoll hoch; oben war es schwarz und glatt, wie die Ochsenhörner, unten aber rauch; es wuchs rückwarts, nicht aber aufrecht, und der Abstand von dem Grund dieses Horns biß zu seiner Spitze, war hinten kaum ein drittheil so lang, als vornen, und
[848] [illustration, rhino facing right, after Parsons?]
dabey hatte es eine gekrümmte Richtung. Die Seiten seiner Unterkiefer stunden weit voneinander, indem sie gegen den untern Rand zu schreg auswärts laufen, hinten bey dem Nacken aber mit ihrem Rand sich ebenfalls auswärts drehen; und dies ist die Ursache, daß sein Kopf natürlicher weise breit aussahe. Der Theil, so sich von dem vordern Theil des Horns, biß an die obere Lippen erstreckte, konnte die Nase genannt werden; er war sehr groß und hatte unten gegen die Naslöcher zu, eine Art einer Kreislinie; dieser ganze Theil war voller Runzeln vornen quer über ihn hin, und nach den Seiten zu gegen die Augen laufend. Die Nasenlöcher stunden sehr niedrig, und mit dem Rachen in einer Richtung, waren auch nicht über einen Zoll weit von selbigem entfernet. Sahe man das Thier von vornen an: so schiene die ganze Nase von der Spitze des Horns biß unten an die untere Lippe, wie eine Glocke formiret zu seyn, nemlich oben schmal und unten breit. Seine untere Lippe sahe, wie bey einem
[849] Ochsen aus, die obere aber gleichte mehr der Oberlippe eines Pferds. Es bediente sich dieser, gleichwie das Pferd, das Heu von der Rauffé, oder das Graß auf dem Boden zusammen zulesen. Doch konnte es selbige über 6 Zoll lang ausstrecken oder zuspitzen, ja auch um einen Stock oder Finger legen, und solchen feste damit halten, so, daß es in Ansehung dieser Verrichtung mit dem Rüffel eines Elephanten einige Aehnlichkeit hatte. Seine Zunge war sehr weich, und so lind, wie eine Kalbszunge, so, daß es damit den Menschen an der Hand saugte. Seine Augen waren schläferig und verdroffen kamen der Figur nach, viel mit den Schweins-Augen überein, und stunden näher an der Nase, als bey allen andern vierfüßigen Thieren; auch öffnete es dieselben nicht ganz. Seine Ohren waren breit, gegen obenzu dünne, wie die Schweins-Ohren; doch hatte jedes eine dünne runde Wurzel, und um selbige etliche Runzeln, auch kamen sie gleichfalls aus einer Höhle hervor, die von ciner Falte umgeben ist. Seine Schultern waren dick und schwer; jede derselben hatte unten eine andere Falte, die quer über den Vorderfuß hinlief; da aber, wo sie die am Vorderleib berühret, giengen sie beede vereiniget dicht hinter dem Vorderfuß herum. Sein Cörper war überhaupts sehr dick, und stund an den Seiten heraus, wie an einer trächtigen Kuhe. Auf dem Rücken hatte es eine Höhle, so grostentheils vorwärts stehet, hinten aber erhob sich das Ruckgrad vielmehr, als über dem Schultergelenke, und nach gemachter Folte über den Lenden wird es auf einmal gegen den Schwanz zu niedriger, und machte eine ungleiche Linie. Sein Wanst hieng tief herab, und stunde nicht weit vom Boden ab. Seine Füße waren dick und stark; die vordern giengen gegen dem Kinn zú rückwärts, wenn es feste stunde, und wichen weit von der geraden Linie ab, waren dabey ganz rund, und unten einigermassen kegelförmig. Die hintern Füße waren auch sehr stark, und tiefen rückwärts an dein
[850] Gelenke in einen stumpfen Winkel aus, unter welchem sie dünner, nach und nach aber gegen den untern Fuß zu, wieder dicke worden. Um das Gelenke eines jeden Schenkels war, wenn sie im Liegen gebogen waren, eine starke Falte zu bemerken, so aber im Stehen vergienge. Vornen hatte es an jedem Fuß drey Hufe; aber der hintere Theil war ein grosser Fleisch Klumpe, der eben so rauch war, als die übrige Haut, und einen Theil der Fuß-Sohlen ausmachte. Dieser Theil war plump, und auf seiner Oberfläche hart, konnte aber um des darunter liegenden weichen Fleisches willen, nachgeben. Der Schwanz war in Ansehung seiner Grösse sehr gering, indem er über 17 oder 18 Zoll nicht lang, auch nicht gar dicke war. Rings herum war er sehr rauch, gegen sein Ende war er enge und schmal, fast wie eine Schnur; am Ende aber wieder breiter. An den Seiten dieses platten Theils zeigten sich etliche wenige Haare, die schwarz und stark, aber dabey kurz waren. Sonst gab es an keinem Theil dieses Nashorns Haare, ausgenommen an dem hintern Rand der obern Theile der Ohren. Man hat es als eine besondere Eigenschafft angemerket, daß dieses Thier bey einem Geräusch sogleich horchte; denn es mogte fressen, oder schlaffen, oder sonst etwas vorhaben: so unterließ es alles so gleich, und hob den Kopf mit groffer Aufmerfamkeit in die Höhe, biß das Geräusche vorüber war. Seine Haut war dick und undurchdringlich; und ließ sich, wenn man die Finger unter eine der Falten brachte, und sie oben mit dem Daumen hielte, wie ein halbzoll dickes Bret anfühlen. Sie war über und über, mehr oder weniger, mit einer harten Rinde, als mit so vielen Gründen bedecket, welche oben auf dem Rücken klein, gegen unten aber grösser wurden; aber zwischen den Falten war die Haut so glatt und lind, wie Seide, leicht durchdringlich und von blosser Fleischfarbe. Wenn man dieses rauhe räutige Wesen Schuppen nennet: so fiehet man davon eine Aehnlichkeit in dem obigen Kupfer.
[851] In der zu verschiedenen Bewegungen dieses Thiers dienlichen Einrichtung haben wir die grosse Weisheit des Schöpfers zu bewundern. Die Haut ist vollkommen undurchdringlich und unbeugsam; wäre sie nun über die ganze Creatur, wie die Haut anderer Thiere, ohne Falten ausgespannet, so hätte sie sich nicht biegen, und also keine nöthige Bewegung ins Werk richten können. Nun wird aber die Geschmeidigkeit der Haut an allen andern vierfüßigen Thieren, nach welcher sie sich auf alle Weise biegen können, an gegenwärtigem Thier durch diese Falten gar wol ersetzet. Denn da zu seiner Vertheidigung seine Haut hart seyn sollte: so ist dies eine bequeme Einrichtung, daß die Haut untenher so weich und lind seyn muß, daß, wenn sich das Thier irgendwo hin bieget, ein Theil dieser bretähnlichen Haut über den andern glitzchen oder sich hinschieben sollte; wie auch, daß diese verschiedene Falten an solchen Gegenden seines Cörpers sich befinden musten, durch welche die Vollstreckung der willkührlichen Bewegungen, die das Thier etwann vornehmen mögte, erleichtert werden könnte.

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