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Kolb, P., 1745. Beschreibung der Guten Hofnung, und derer darauf wohnenden Hottentotten. Franckfurt und Leipzig, Peter Conrad Monath, pp. 1-452

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Location: Africa - Southern Africa - South Africa
Subject: Text as original
Species: African Rhino Species


Original text on this topic:
[1745: 321]
Vom Nashorn
X. Weil zwischen dem Elephanten und Nashorn sich viele Aehnlichkeit findet, so wird mir erlaubet seyn diese beede Tod-feinde in ein Capitel zu bringen. So bald sie einander begegnen, laufft das nashorn mit grossem Grimm auf den Elephanten los, welcher sich zu schwach vermerket, und die Flucht giebt, so bald er es wahrnimmt. Wird er aber überfallen, so schlitzet ihm das nashorn mit seinem Horne den bauch auf; sein eingeweide fällt aus der grossen Wunde, und er stirbt. (*)
(*) Plin. L.8 c.20. Solin. c.43. Plinius sagt: Rhinoceros genitus hostis Elephanto, cornu ad saxa limato praeparat se pugnae, in dimicatione alvum maxime petens, quam scit suis ictibus perviam esse.
XI. Die Authores so vom Nashorn geschrieben, erzehlen solche verschiedene sachen, daß man nicht weis, on sie von einerley Thiere reden. So wenig sie untereinander selber überein-stimmen, so wenig Wahrheit ist auch in ihren Beschreibungen, sowohl was die Gestalt, als was die Grösse und Farbe des Thieres anbetrifft. Wenigstens stimmen sie slecht überein mit den Nashörnern auf dem Vorgebürge.
XII. Das Nashorn auf dem Vorgebürge hat eine dunkel-braune Haut, die ins Schwarze fället. Sie ist glatt, ohne Haare, voller Schrammen und Ritzen, wie bey den Elephanten; aber so hart und dick, daß man sie mit dem
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spitzigsten Messer kaum durchstechen kan. Die Mahler stellen es vor, als wenn es allenthalben mit Schuppen bewaffnet wäre. Vergeichen hat es nicht; sondern es ist mit so vielen Ritzen und Narben überzogen, die einander Kreutzweise durchschneiden, daß es von fernen schuppicht scheinet.
Sein Rüssel siehet einem Schweins-Rüssel ähnlich, doch laufft er ein wenig spitziger zu. Auf seiner Nase stehet ein schwarzes oder dunkel-graues Horn, welches, dem Vermuthen nach, wegen des stetigen Gebrauches etwas abgeschliffen, auch sonsten gegen den Kopf zurücke gebogen ist, also, daß es einer Pflug-Säge nicht unähnlich siehet. Seine Gr8sse is unterschiedlich nach dem Alter des thieres; doch übertrifft sie niemahlen zwey Schuhe. Noch ein ander Horn stehet auf der Stirn, in gerader Linie mit jenem. Dieses ist gelb, und bey einem jungen Nashorne ohngefähr einer hand-breit lang, bey einem alten auf das Höchste sechs Zolle. Es hat die Gestalt einer Trink-Schaale, die in der Mitten entzwey geschnitten. Die Höhlung ist gegen den Kopf gewendet, den es, wie eine runde haube, bedecket. Dieses Horn verhindert, daß das andere auf der nase nicht so grosses Unheil anrichtet, als es ausser dem thun könnte. Die Ohren des Thieres sind klein, und seine Beine kürzer, als des Elephanten.
XIII. Die Augen sind sehr klein. Es kan nicht anderst, als gerade vorwärts sehen; wenn es also gehet, oder seinen Raub versoget, so bleibt es immer in gerader Linie, wirfft, stösset und druchbricht alles, was es antrift: da sind weder Sträuche, noch Bäume, noch Dornhecken, noch grosse Steine, die es zum Zurückekehren bewegn könnten. Mit dem Horn auf der Nase reisset es die Bäume zusamt der Wurzel aus, hebt die Steine, die ihm hinderlich fallen, weg, und wirfft sie mit grossem Geprassel weit hinter sich; mit einem Worte, es leget alles zu Boden, was es anzupacken vermag. Wenn es nichts im Zorn antreffen kan, so wühlet es Erde aus, und wirfft eine grosse Menge mit Ungestümm in die Höhe. Es grunzet wie ein Schwein, dahero kan man seine Stimme nicht weit hören, aber wenn es seinen Raub verfolget, vernimmt man seine Ankunft auf eine grosse Weite durch das Geprassel, so es durch Zerbrechung der Bäume und das Wegwerfen grosser Steine verursachet.
XIV. Selten greifft es Menschen an, wenn man es nicht beleidiget, oder wenn der Mensch nicht einen rothen Rock anhat. In diesen beeden Fällen geräth es in die Wuth, und wirft alles zu Boden. Wenn es einen Menschen anfället, ergreifft es ihn in der Mitten, und wirft ihn mit solcher Gewalt über seinen Kopf weg, daß er sich zu töde fället. Hernach beleckt es ihn; und ist seine Zunge so rauh und hart, daß sie alles Fleisch wegnimmt. Dergleichen thut es auch mit andern getödteten Thieren.
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Siehet man es ankommen, so kan man ihm leicht ausweichen, wenn es auch noch so sehr tobet. Zwar ist es sehr geschwind, daß man es auch mit dem allerschnellesten Pferde nicht einhohlen kan; aber es kan sich gar schwer umwenden. Uber dem siehet es, schon erwähnter massen, nur gerade vor sich: also darf man es nur auf neun biß zehen Schritte anrücken lassen, und hernach etwas auf die Seite tretten; alsdenn siehet es niemand mehr, und kan den Menschen gar schwer wieder finden. Dieser habe ich selbsten erfahren: es ist mir ein dergleichen Thier öfter, als einmahl, in der grösten Wuth aufgestossen.
XVI. Dieses Thier ernähret sich nicht mit Grase; es sind ihm die Dornen, das Gesträusse und der Genster lieber. Doch ist ihm nichts angenemer, als ein gewisser Strauch, der dem Wachholder sehr ähnlich siehet, aber nicht so gut riecht, auch keine so spitzige Nadeln hat. Die Europäer auf dem Vorgebürge nennen ihn den Nashorn-Strauch. Die Haiden stehen voll davon; auch siehet man viele auf dem Tieger-Berge und an dem Muschelbank-Fluß. Die Einwohner dieser Orten hauen sie ab zum Brennen.
XVII. Das Fleisch vom nashorn, davon ich oft mit Lust gegessen haben, ist nicht so voller Sehnen, wie einige Authores vorgeben, jedoch zimlich grob, und erfordert gute Zähne.
XVIII. Man gebrauchet in der Artzney seine Haut, sein Horn und sein Blut. Ein gelehrter Teutscher, der in dem Chymisvchen Laboratorio der Compagnie zu Batavia arbeitete, hat mich versichert, er habe aus der Haut des Thieres ein Salz gezogen, damit er ansehnliche Kuren verrichtet. Er gieng nach Europa, als ich noch auf dem Vorgebürge war, und nahm, seinem Versichern nach, einen guten Vorrath von dieser Artzney mit, in der Zuversicht seinem Vaterland grossen Nutzen, und sich selber einen guten Namen, dadurch zu verschaffen.
XIX. Das Horn von diesem Thier kan die Berührung von Giffte nicht leiden. Die Probe habe ich oft mit Augen gesehen. Viele Leute auf dem Vorgebürge haben Trank-Geschirre von diesem Horn, welche man sauber in Gold oder Silber fasset. Giesset man Wein hinein, so fänget der Wein den Augenblick an zu gähren und auszukochen: ist er nun vergifftet, so zerspringet das Geschirr. Eben dieses geschiehet auch, wenn man das Gifft nur allein ohne Wein hinein schüttet. Diese sache ist bekannt, und von tausend Personen gesehen worden; nichts destoweniger verneinen einige Authores diese Tugend des Horns.
Die Drechsler, welche die Geschirre ausdrehen, sammeln die Späne gar fleißig, und stellen sie denen Eigenrhümern zu, weil sie in Convulsionen, Ohnmächte und vielen andern Zufällen treffliche Hülfe leisten.
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Das Blut von diesem Thiere wird auf dem Vorgebürge ebenfalls hochgehalten. Können es die Europäer frisch haben, so giessen sie es in einen Darm vom Nashorn, hängen es also an die Sonne, und lassen es trücknen. Es hilft gut wider Verrenkungen, Zersprengung der Adern, und heilet die innerlichen Schäden. Man nimmt es in einer Schaale Wein, Thee oder Caffe.
XX. Alles, was ich von dem Nashorn bißhero angeführet habe, beweiset, daß die Meynung einiger Gelehrten nicht gänzlich ungegründet sey, welche dieses Thier für den Leviathan halten, davon die Schrift redet. Man sehe, was hievon zu lesen im vierten Buch Mosis XXIV. 8 im fünften Buche XXXIII. 17 im Buche Hiob XXXIX. 12-15.

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