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Klein, J.T., 1760. Naturliche Ordnung und vermehrte Historie der vierfussigen Thiere, herausgegeben von Gottfried Reyger, Director der Naturforschen Gesellschaft. Danzig, Johann Christian Schuster, pp. 1, i-xiv, 1-156

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Location: World
Subject: History
Species: All Rhino Species


Original text on this topic:
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§ II. Dritte Familie. Dreyhufige.
Nasehorn. Rhinoceros. Naricornis. Catelan. Abada. Noemba bey den Javanern. Elkerkedom bey den Persern. Gomela bey den Indianern. Tuabba, Nabba auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung. Le Porte Corne bey den Franzosen. Aldrovandus saget gar recht, daß kleines Thieres Erkänntniß so unsicher und ungewiß ist; er setzet hinzu, daß obgleich einige dem Thiere zwey Hörner zugeschrieben, so nenne man es doch ein Nasehorn von dem ersten als dem stärksten Horn, welches auf der Nase steht, und ihm mehr nützet als das andere, so auf der Stirn befindlich, und Wormius Mus. p.366 merket an, daß es von vielen beschrieben worden, die es nicht selbst gesehen, daher kein Wunder, daß viele Irrungen mit unter gelaufen. Dalechampius in seinen Anmerkungen über Plin. L.XI. c.27 will sieben vierfüßige Einhörner zasammen gebracht haben, worunter er auch das Nasehorn zählet; Ludolff Comment. p.514 zweifelt aber ob eines von dem andern unterschieden ist. Plinius selbst saget am angeführten Orte: etliche haben nur ein Horn, entweder mitten auf dem Kopfe oder auf der Nase, und L.VIII c.20 Der Rhinoceros hat ein Horn auf der Nase, dergleichen man oft gesehen.(*) Von dem Einhorn haben wir bereits §4 gehandelt, itzt wollen wir also nur die Geschichte des Nasehorns etwas unständlicher vor uns nehmen, und zuvörderst dessen vornehmste äusserliche Theile betrachten, so denn aber auch sehen, ob man ihm ein oder zwey Hörner zuschreiben müsse.
* Aliis fingula, sc. cornua, & haec medio capite aut naribus Rhinoceros unius in nare cornu, qualis saepe visus.
Bontius L.V c.1 versichert uns, er habe nicht allein in Ostindien, sondern auch in ganz Asien dieses Thier sowohl in Wäldern und Feldern, als auch eingesperrt, vielleicht tausendmal mit seinen Augen gesehen. Wir wollen also seiner Beschreibung folgen, und selbige mit den Schriften des Chardins Reisebeschr. II.60 und des Parsons Phil.Trans. No.470 zu vergleichen suchen.
Seine Haut soll aus dem schwarzen aschgrau seyn, wie am Elephanten. Chardin sagt eben dieses (* Sa peau est d'un gris, tirant sur le noir, comme celle des Elephants.); andere nennen sie mausfarbig; Strabo giebt ihm auch die Farbe eines Elephanten. C.A.von Bergen in seiner Rede vom Nasehorn, saget, daß es braun ist, Plinius hingegen will, daß es gelblicht oder buchsbaumfarbig ist, welche auch Moscardo in seinem Museo beyfallt (** E di color simile al bosso.)
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Nach dem Bontius, ist die Haut kahl, und nur hie und da mit gar wenig Haaren besetzt; nach von Bergen und Kolben soll es gar keine Haare haben; besser berichtet uns Parson, es wären nur die Ohren und die äußerste Spitze des Schwanzes haaricht. Das Fell ist weder geschuppet, noch gepanzert, noch gefurchet, wie Albrecht Dürer es vorgestellet hat, dem alle Maler gefolget sind, wie denn auch Dürers Abbildung von Laur. Catelan und G.J.Rossi Racolta de li animali piu curiosi in Roma angenommen worden. Eine gleichmäßige Figur ist auch bey Kolben durch die Unachtsamkeit des Herausgebers eingeschlichen, welche mit seiner Beschreibung gar nicht übereinkommt. Indessen hat doch die Haut an unterschiednen Orten große Falten und Runzeln, und ist so dick, daß sie ein scharfes Messer wider sich erfordert; daher läßt es, als wäre sie mit erhabnen Schilden bedecket. Parson hat alles mit vielem Fleiße angewiesen; man halte daneben die Figur, welche Albinus tab.anatom. VIII gegeben. Uebrigens ist die Haut körnicht, wie an den Fischen aus dem Geschlechte der Seehunde, mit deren Haut man Messerschalen überzieht; Chardin (*) saget gleichfalls, daß die ganze Haut, außer am Kopfe und Halse, mit kleinen Knötchen oder harten Stellen bedecket ist.
* Cette peau est couverte par tout, hormis au cou & à la tete, de petits noeuds ou durillons.





Klein 1760, p.2

Die Augen sind in Ansehung des gewaltigen Kopfes gar klein, und das Thier sieht damit weder zur rechten noch zur linken, sondern nur was ihm vorwärts gerade in die Augen fällt. Die Schnautze dünket dem Bontius, Plinius und Strabo ein Saurüssel zu seyn. Der erste schreibt, es hat einen Saurüssel, der doch nicht so stumpf, sondern spitziger ist, wie an den Schweinen (*) und Strabo, an Gestalt gleicht es dem Schweine, insonderheit was den Rüssel betrifft (**).
* Rostro est suillo, non tamen obtuso, ut suum, sed acutiore.
** Forma apro proxima, praesertim quoad victum.
Dem Dapper kommt das Thier der äußerlichen Gestalt nach, theils als ein Schwein, theils als ein Ochse vor. Biron, welcher ihrer viel gesehen, behauptet p.138 das nasehorn sey einem wilden Schweine, ähnlicher als einem andern Thiere; und von Bergen will, daß nur seine Ohren eines Schweins übereinkommen, welche es nach Belieben aufrichten und niederlassen kann. Dem Strabo sieht es als ein Büffel aus. Der untere Kinbacken ist wie an einem Ochsen, der obere, wie an einem Pferde, mit welchem es das Heu aus den Sprossen herausziehen, und das Gras von der Erde aufheben, und ins Maul bringen kann, denn es kann die Oberlesze über 6 Zoll lang zuspitzen, und was es damit fasset, hält es als mit einem gekrümmten Finger gar fest. Parson hat seine Zunge glatt befunden, wider die Meynung anderer; die Lippen hergegen sind scharf.
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In Sumatra sollen die größesten Nasehörner seyn, wie zu Couama die größesten Elephanten, Joh. Mocquet IV.199. Pausanias nennet die Nasehörner äthiopische Ochsen. [Franz] Velez, [hist.de les anim.] p.49. Bontius vergleicht die Höhe mit der Größe des Elephanten, nur daß die Füße kürzer sind. Vom Bontius, Chardin und Parson wird es als ein zahmes und gesellschaftliches Thier gelobet; siehe Allg. Reisen XIB, 158 S von einem zahmen Nasehorn bey einem Städtchen Gianabad, dem ein Knabe von zehn Jahren und Tavernier selbst Hirsenstengel gereichet. Amatus Lusitanus L.I enarr.52 saget eben dieses (* Mite animal Rhinoceros), und Martialis, daß es lange Zeit brauche, ehe es in Zorn gerathe (** Se que diu magnae colligit ira ferae), alsdenn aber wütet es auch grausam. Bontius erzählet eine Geschichte von einem Reuter, der von einem gereizten Nasehorn verfolget worden, welches endlich zweischen zweyen Bäumen stecken geblieben, und also erschossen worden. Wenn es durch Hunger oder Schläge erzürnet wird, zeiget es ein drohendes Gesicht. So oft es zu Rom gezwungen worden, sich mit einem Elephanten oder andern wilden Thiere einzulassen, hat es sich allemal sehr tapfer bewiesen; denn daß es dazu gezwungen oder gereizet worden saget Martialis (*** Sollicitant pavidi dum Rhinocerota magistri.) Solchen Kampf hat man auch 1515 unter dem Könige Emanuel zu Lissabon gesehen, welcher darauf dieses Thier nach Rom gesandt, da es aber, wie Jovius L.I c.2 berichtet, auf der Reise aus seinem Behältnisse gebrochen, ist es in den Klippen vom Ligurischen Ufer umgekommen. Unter dem Kayser Heraclius sind beyde, der Elephant und das Nasehorn zugleich auf dem Kampfplatze todt geblieben, daß man, wie der Poet, Croce Rocq, saget, nicht wissen können, welcher der Ueberwinder gewesen: 'Che ambo moriro, & terminar non lice, Quel si fusse di lor la vincitrice.'
Pompejus hat zuerst dergleichen Thiere nach Rom gebracht. 1685 ist eins in Londen gesehen worden, welches Van der Berge nebst einem zugleich angelangten Elephanten in Kupfer gestochen; ich weiß nicht, ob seit dem eins nach Europa gekommen bis 1739, da aus Bengala ein Nasehorn männlicher Geschlechts, und 1741 ein Junges, so weiblichen Geschlechts, und von Parson beschrieben worden, und dieses soll dasjenige seyn, welches 1754 bey uns in Danzig gewesen, und damals 16 Jahr alt war; die Höhe desselben war 5 Schuh 7 Zoll, die Dicke und Länge 12 Schuh. Ich habe eine dreyfache Abbildung dieses Thiers befordern helfen, welche Wetzel nach dem Leben gezeichnet, und Deisch in Danzig in Kupfer gestochen, und diese halte ich für die richtigste und genaueste von allen, so jemals zum Vorscheine gekommen, es ist weder am Kopfe noch an den Füßen und Klauen etwas auszusetzen. Der Eigner dieses Thiers hat auch eine Medaille davon schlagen lassen.
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Es soll grunzen, wie ein hauend Schwein, und gleich demselben seinen Lauf schleunig in gerader Linie auf den Gegenstand fortsetzen, den es in die Augen genommen, und wo ein Mensch ihm nur 3 Schritte zur Rechten oder Linken ausbiegen kann: so schießet es weit über das Ziel hinaus, daß man nach einigen solchen Ausweichungen sich endlich in Sicherheit setzen
kann. Mit dem Tieger soll das Nasehorn Freundschaft pflegen, und seines Auswurfes sich zur Arzney bedienen. Rajus nennet des Nasehorns Fuß außerordentlich, anomalus, und giebt ihm fünf Hufe, so daß er viermal gespalten sey; allein Parson hat deutlcih dargethan, daß er nur zweymal gespalten, und also dreyhufig ist, welches auch seine Richtigkeit hat, daher ich ihm die dritte Familie angewiesen. Ich kann nicht begreifen, warum Charleton ihn unter die Hirsche zählet.



Klein 1760, p.3

Was nun das Horn oder die Hörner anlanget, wovon das Thier seinen Namen hat, so ist es andem, daß einige Schriftseller ihm ein einiges Horn auf dem Rüssel, andere aber zwey zuschreiben, und Labat tichtet ihm gar drey an, wenn er schreibt: Das rechte Nasehorn hat 3 Hörner, eins über die Naselöchern, das andere auf der Stirn, und das dritte auf dem Rücken; sein Alicorne aber soll zwey Hörner haben, eins auf der Stirn, und das andere auf der Nase (*); scheint es also, er habe keins von beyden gesehen, sondern sich nur auf Dürers Abbildung verlassen.
* Que le veritable Rhinoceros en a trois, une au dessus des narines, une autre sur le front, & une troisieme sur le dos. - Alicorne a deux cornes, l'une sur le front, l'autre au dessus des narines.
Peyer und Scheuchzer tadeln den Martialis, daß er dem nasehorn zwey Hörner zuschreibt, und Bochart Hier. III.26 bemühet sich gar sein Gedichte zu verbessern. Scheuchzer behauptet nicht allein, daß der Rhinoceros nur ein Horn hat, sondern auch, daß das so berühmte Einhorn der Alten kein anderes, als dieses Thier ist, welches auch Ludolf annimmt, und worinnen ich ihnen allerdings beyfallen muß.
Das hebräische Wort Rem, heißt in unserer deutschen Bibel Einhorn, in der Vulgata der Bücher Mosis und Hiobs Rhinoceros, in den Psalmen und im Esaias Unicornis. Wenn aber 5 B.Mos. xxxiii, 17 und Ps. xxii, 11 mehr als eines Horns gedacht wird: so erkläret es Hieronymous von dem Einhorn mit zweyen Hörnern. Man sehe den Baccius de Unicornu lib.2 und Klappenberg de Creatione disp. 5 th.10 welcher hinzusetzet, daß die hebräischen Namen der Thiere von den nördlichen Völkern schwer zu verstehen, und ohne Irrthum zu erklären sind. Gisbrecht Cuper hält in seinem 21. Briefe das Einhorn für ein erdichtetes Thier, allein im 24sten wird er durch die Beweisgründe des hrn. Witzen überredet, daß es wirklich ein solch Thier gebe, wodurch auch der Abt Bignon nach dem 22sten und 26sten Briefe bewogen worden, dasselbige zu glauben. Wenn wir aber im 25sten Briefe die Beschreibung des dem hrn. Witzen geschenkten Horns unpartheyisch betrachten,
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daß es nämlich schwarzgrau und mit kleinen Reifen umgeben, daß es über anderthalb Hände breit lang, schwärzlich und braun, und gar nicht weiß gewesen (*), welche Farbe sonst die Hörner vom Einhorn haben sollen, so schlüßen wir nicht unrecht, daß solches von einem Nasehorn gewesen.
* p.86 ex griseo nigrum & parvis circulis circumdatum. - p.253 longitudine palmae unius cum dimidia & quod excurrit, cujus color est subniger & fuscus, minime vero albus.
Indessen hat doch Leibnitz Protog. §35 tab.12 ein bereits 1663 aus dem Zenikenberge bey Quedlinburg ausgegrabenes Ferippe eines Einhorns vorgestellt, welches mit dem Hinterleibe liegend, den Kopf aber in die Höhe haltend, gefunden worden, an dessen Stirn ein fast 5 Ellen langes Horn, in der Dicke eines Mannschenkels, doch an der Spitze etwas abnehmend, gesessen. Durch Unvorsichtigkeit der Gräber, war es nur stückweise aus der Erde gebracht, und nebst dem Rückgrade und andern Knochen, der Uebtissinn eingeliefert. Es scheint wunderlich zu seyn, daß dergleichen Merkwürdigkeit über 80 Jahre verborgen geblieben, indem besagtes Buch 1749 zuerst ans licht getreten; noch mehr aber wäre zu bewundern, daß ein vierfüssiges Thier dergleichen überwiegendes und langes Horn am Kopfe tragen mögen.
Wir wollen aber das Einhorn fahren lassen, und wieder zu dem Nasehorn zurückkehren, da wir denn dem Bontius als einem Augenzeugen billig glauben zustellen müssen, daß in Asien, insonderheit in Bengala, Cambaja, Malacca, Javan und andern Orten in ostindien die Nasehörner nur ein Horn führen, von welchen also Plinius zu verstehen, wenn er saget, daß sie auf der Nase ein krummes Horn tragen, welches härter, als ein Knochen, und womit sie sich vertheidigen, wie das Schwein mit den Zähnen (*); imgleichen Oppianus, da er schreibt: dem Rhinoceros wachse auf der Nase ein Horn, dessen Spitze so scharf wie ein Schwerdt, mit welchem er selbst Eisen zerbrechen könne (**), daß wir also den Dion, Strabo, Solinus und andere alte Schriftsteller
übergehen können, da auch Heyde in seinem Schauplatze von ostindien eben dieses versichert; ja die bisher in Europa bekannt gewordene Thiere haben uns sattsam gewiesen, daß sie einhörnig gewesen.
* Naso, cui cornu quoddam est recurvum, omni osse durius; eo pro armis utitur, quemadmodum aper dentibus.
** Rhinoceros Oryge est aliquantum corpore majus,/ Huic summo nasi sucerescit acumine cornu / Funestum, gladius praecuta cuspide teter, / Nam ferrum frangit. - de Ven. II v.612.
Es sind also wahrscheinlicher Weise dem Moses in Egypten die asiatischen Nasehörner bekannt geworden, daher er sie Einhörner nennen können, woraus man aber mit der Zeit ein besonderes Thier machen wollen, welches doch nirgends zu finden, und ist unter den gelehrten so viel darüber gestritten worden, daß Peyer wohl mit Recht sagen können, daß die allzuklugen Kunstrichter oft über vergebene Sachen mit großem Zeitverluste und unnöthiger Mühe und Weitläufigkeit zanken, und dadurch den Leser abschrecken.



Klein 1760, p.4

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Indessen müssen wir doch auch bekennen, daß viel andere Schriftsteller das Thier als ein zweyhörniges angeben, vermuthlich, weil sie keine andere als mit zweyen Hörnern gesehen haben. Von den Alten wollen wir nur den Pausanias nennen, welcher saget: ich habe auch die äthiopischen Stiere gesehen, welche sie Nasehörner nennen, weil sie auf der Spitze der Nase ein Horn haben, und etwas höher noch eins, welches nicht groß ist, auf dem Kopfe aber ist keins zu sehen (*).
* Vidi etiam aethiopicos tauros, quos ex re ipsa Rhinocerotes vocant, quod illis e nare extrema cornu prominet, & paulo superius alterum non sane magnum, in capite nullum prorsus.
Martialis saget gleichfalls: er hob mit dem doppelten Horne den schweren Bär in die Höhe (Namque gravem gemino cornu sic extulit ursum.) Beyer führet eine Münze vom kayser Domitianus an, worauf dieses Thier mit 2 Hörnern zu sehen, Phil. Trans. N.492 t.II f.5. Velez p.49. Scaliger exerc. 205 hat vom oberwähnten im tyrrhenischen Meere gestrandetem Thiere das Bildniß gesehen, von welchem Moscardo meldet, daß es zwey Hörner gehabt, ein kleines vor der Stirn, und ein stärkeres auf der Nase (***).
*** Che haveva due corni, l'uno picciolo posto nella fronte, & l'altro robertissimo nel naso.
Parson hat Tab.III zwey nahe bey ein ander auf einem Stücke Nasenleder stehende Hörner vorgestellet, welche aus dem Kabinette Hrn. Sloane genommen, davon das größte 25 Zoll hoch gewesen. Bey Olaus Jacobäus Mus. Dan. p.4 t.3 f.4 finde ich ein zweifaches Horn, deren eins zwey Schuh, das andere einen Schuh hält. So wird auch in Kays. Kabinet zu Petersburg Vol.I P.I p.338 n.23 eines Nasehorns mit zwey Hörnern gedacht. Eben dergleichen hat Schröck Eph.N.C. Dec.II A.V obs.245 p.468 bey J.G. Michelm, Apotheker in Augsburg gesehen, und schlüßet daraus ganz recht, daß es an gewissen Orten eine Gattung Nasehörner mit zweyen Hörner geben müsse. Dasjenige aber was Bartholinus zu Florenz gesehen, obs.de Unic. c.21 ist für ein ungewöhnlich gebildetes Horn zu halten, dergleichen in der Naturgeschichte mehr vorkommen, wie denn bey Marsilli Danib. Tom.VI tab.27 und 28 dergleichen von einem Widder und Rehbock zu sehen.
Solche zweyfache Hörner sind 1739 in die Königl. Galerie zu Dresden gekommen, wie ich damals davon durch ein Schreiben des sel. Hofraths von Heucher benachrichtiget worden, welcher sie mir also beschrieben: "Sie stehen so nahe an einander, daß sie sich berühren, und sitzen so fest aif dem Leder, daß ich keinen Betrug dabey muthmatzen kann, als ob sie etwan aufgeleimet oder auf andere Art befestiget wären. Das vorderste Horn stellet einen runden Kegel vor, das hinterste aber ist gegen den Rücken gekrümmet, und läuft nach der ganze Länge in eine Schärfe oder Schneide aus, daß also das Thier, wenn es beyde Hörner in einen Körper eingeschlagen mit dem hintersten Horne schneiden und aufreißen kann."
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Sein Nachfolger in der Aufsicht über die königl. Naturalienkammern, der Herr Bergrath Eilenburg hat mich dessen noch mehr versichert, daß nämlich diese Hörner von weiland Herrn Hofmarschall Kurt von Einsiedel dort hin geliefert worden, und daß sie auf einem dicken Leder 2½ Zoll von einander stehen, deren eines in gerade Linie 15½ Zoll hoch, an der Wurzel im Umkreise 20½ Zoll hält, das hinterste ist nur 9½ Zoll hoch, im Umkreise aber hält es 22 Zoll. Mehr dergleichen sind mir nicht bekannt gewesen, außer das Herr Tesdorpf ein großer Liebhaber der Naturgeschichte in Lübeck mich berichtet, er habe daselbst dergleichen einmal gesehen, welche in ein fürstl. Kabinett gekommen, auch habe man ihm gesaget, daß in Amsterdam eben solche 2 Hörner einstens verkaufet worden. Ich selbst habe zwar verschiedene einfache große und kleine Hörner gehabt, aber kein doppeltes, bis ich endlich von G. Lehmann, Apotheker in unserer Altstadt Danzig dergleichen erhalten, davon ich nicht nur der Naturforschen Gesellschaft eine genaue Zeichnung mit lebendigen Farben in natürlichen Größe mitgetheilet, sondern solche auch auf den 4ten Theil verjüngt bey der Disp. Quadrup. in Kupfer stechen lassen. Die Höhe des vordertsen Horns in gerader Linie ist 16 pariser Zoll, das hinteren aber 11 Zoll, 6 Linien, der Umkreis an der Wurzel ist an beyden 19 Zoll; beyde haben auf der Grundfläche Höhlen, deren Tiefe 1 Zoll, 8 bis 10 Linien, daß sie also auf dergleichen Kegel müssen gesessen haben, als Bontius auf dem Hirnschedel eines Nasehorns vorstellet. Hieraus erhellet, daß Kolbe sich geirret, wenn er gesaget, das Horn wäre aus dem Knochen der Hirnschale oder der Nase hervorgewachsen, und mit selbigem so vereiniget, daß man es nicht anders bekommen könne, als wenn man es mit einem Theile des Knochens aushauen lasse.
Aus alles, was wir bisher gesaget, erhellet, daß es zwo Arten Nasehörner gebe, oder wenn auch sonst alles mit einander überein kömmt, doch wenigstens zwo Anänderungen, mit einem und mit zweyen Hörnern, so wie wir nunmehr unter den Fischen einen Narwhal mit einem, und den andern mit zweyen hervorragenden Zähnen kennen. Da wir aber oben zur Gnüge erwiesen, daß die asiatische Nasehörner nur ein Horn haben, so müssen die zweyhornige anderwärts wohnen. In Europa und Amerika findet man keine, also muß man sie in Afrika suchen. Cyprian pag. 620 ist auf dem rechten Wege gewesen, wenn er behauptet, man müsse die


Klein 1760, p.5

Nasehörner nicht allein mit dem Bontius jenseits des Ganges in den äussersten Morgenländern suchen, sondern man könne sie auch in Aethiopien und andern afrikanischen Ländern finden.(*)
* Rhinoceros non esse tantum quaerendos cum Bontio in remotissimis Orientis partibus trans Gangem, sed in Aethiopia alibique in Africa reperiri.
Da nun seit den Zeiten des Pausanias verschiedene Schriftsteller der zweyhörnigen Meldung gethan, die Römer auch diese Thiere aus Afrika noch eher haben erhalten können, als aus Ostindien, wiewohl doch die einhörnigen daselbst auch bekannt gewesen, so schlüßen wir billig mit Parson, daß es in Afrika eine Gattung mit zweyen Hörnern gebe.(**)
** That there is a species of those animals in Africa, having two Horns on the nose.
Hamilton berichtet zwar, daß er verschiedene Hörner gesehen,
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die nach Bombaga geschickt worden, und unter anderen auch drey, die aus einer gemeinen Wurzel abstamme, von denen das längste 18, das andere 12 und das dritte 8 Zoll gehalten, auch scvhmaler und spitziger, als andere Hörner gewesen, allein dieses ist was ungewöhnliches gewesen, und gehört zu den Seltenheiten der Natur.
In den Hamburgischen Nachrichten von 1744 no.15 wird zwar gemuthmachet, daß vielleicht die Männchen mit zweyen Hörnern, die Weibchen aber nur mit einem versehen wären, so wie bey den Hirschen und Elenden die Männchen auch mit stärkeren Geweihen begabet wären, die Weibchen aber mit schwächeren. Allein ich weiß nicht, daß bey diesen Thieren gehörnte Weibchen gefunden werden, wo es nicht durch einen sonderbaren Zufall geschieht, wie Bartholinus einst eine gehörnte Frauensperson angetroffen. Es ist also vielleicht von den gehörnten Weibchen der Rennthiere auf die anderen dieses Geschlechts geschlossen worden. Indessen ist die hinzugefügte Erinnerung sehr nützlich, daß man sich nämlich auf auswärtige Schriftsteller nicht allzuviel verlassen, sondern die Sachen so viel möglich mit eigen Augen ansehen soll.
Uebrigens hat herr Tesdorpf aus der Erzählung eines Mannes, der sich als Hauptmann viel Jahre am Vorgebirge der guten Hoffnung aufgehalten, mir berichtet, daß selbiger in Afrika so wohl zwey- als einhörnige Thiere gesehen, es würden aber selten beyde Hörner von der Jagd zurückgebracht, weil man das kurze Horn nicht achte, sondern selbiges wegwerfe. Vielleicht ist aber des Hauptmanns Meynung nur diese gewesen, daß er so wohl doppelte als einfache Hörner gehabt, weil das kleinere oft weggeworden werde. Zum wenigstens kann ich das Zeugniß eines Mannes, mit Namen Biebering anführen, der mit mir verwandt ist, und etliche Jahre an besagtem Vorgebirge gewohnet hat, nunmehr aber in Danzig sich zur Ruhe begeben. Dieser hat mich versichert, daß er in Afrika keine andere als zweyhörnige Nasehörner gesehen, die er mir auch so deutlich beschrieben, daß ich in seinen Bericht keinen Zweifel setzen können. Er fügete hinzu, daß die Europäer daselbst die Thiere gar nicht der Hörner wegen verfolgeten, als welche dort wenig geachtet würden, sondern weil sie ihren Feldern sehr schädlich wären, indem sie in selbigen ackerten, wo man es nicht verlange; und daß sie von einem solchen erlegten Thiere selten mehr, als ein Stück von seinem Leder mit zurückbrachten, wovon alsdenn Reitpeitschen gemacht würden, die den engländischen gleich kämen, davon ich selbst eine habe. Sind die Jäger junge Leute, so bringen sie bisweilen eines oder beyde Hörner mit von der Jagd, und heften sie als ein Zeichen ihrer Tapferkeit an ihre Wohnung. Besagter Mann konnte dieses so viel besser wissen, da er das Riemer- und Sattlerhandwerk auf der Cap etliche Jahr getrieben,
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und also mit den Fellen dieses Thieres umgegangen. Er hatte aber auch niemal von einem einhörnigen Nasehorn reden gehöret.
Selbst Kolbe gedenket keiner anderen Nasehörner als mit zwey Hörnern, und Sloane setzet in Phil.Trans No.492 p.118 die Meynung fest, daß dieser Rhinceros eine besondere Gattung ist von eben dem Thiere in Asien.(*)
* The Rhinoceros be a distinct species of that animal from that of Asia.
Doch kann ich Kolbens Urtheil nicht annehmen, ob hätte die Natur dem thiere das kleine Horn zu dem Ende gegeben, daß dadurch seine Wuth gebrochen würde; vielmehr kann man behaupten, daß seine Stärke dadurch vermehret werde, denn wenn er in der Wuth einen Stein mit dem vordersten Horne ausgeackert, und solchen zugleich mit dem kürzeren Horne aufnimmt, so kann er solchen weit entweder hinter oder neben sich wegwerfen; eben dieses kann er auch an einem anderen Theire verrichten, daher saget Martialis, was muß das Thier in seinem Horne für Kraft haben, das einen Stier gleich einem Balle wegwerfen kann? (**)
** Quantus erat cornu, cui pila Taurus erat. L.I Ep.9.
Auch die doppelten und gleich langen Hörner aus Sloane Kabinet, werden doch nicht Kolbens Meynung bestärken, daß das hintere die Stärke des vorderen brechen könne; so wie auch das nicht richtig ist, daß das hintere von geringerer Festigkeit seyn soll, vielmehr da selbiges kürzer ist, so wird es auch fester seyn, wie das größere.

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