user: pass:


Ludovici, G.C., 1740. Grosses vollstandiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Kunste, welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert werden. Leipzig und Halle, Johann Heinrich Zedler, vol. 23 N-NET, cols. 1-202

  details
 
Location: World
Subject: Text as original
Species: All Rhino Species


Original text on this topic:
[[1740: 777]
Nasenhorn, Nasehorn, Nashorn, Rhinocer, Rhinocerot, Lateinisch Rhinoceros, Griechisch [rhinoceros]. Ist ein vierfüssiges Thier, welches so groß als ein Ochse ist, seinem Leibe nach aber einer wilden saue nicht unähnlich siehet, ausser, daß es viel dicker, von hinten gleichsam mit einer platten Pfaffenmütze überzogen, daher ihm auch die Portugiesen den Namen Moine des Indes, Indianischer Mönch, gegeben.
[778]
Der Rachen ist ein wenig gespalten, der Rüssel lang und über den Nasenlöchern mit einem Horne bewaffnet, welches höhnisch und spöttisch anzusehen ist, daher die spöttischen Leute bey den lateinern mit der Nase dieses Thieres verglichen werden, und saget Martial Lib. III
Et pueri nasum Rhinocerotis habent.
Besagtes Horn ist ungefehr anderthalben Schuh lang, dicke, harte und starck, wie eine Pyramide gestaltet, die Spitze stehet in die Höhe, ist gegen den Kopf zu gekehret und siehet schwarz aus. Michael Bernhard Valentini schreibet in dem 1sten seines Mus. Museor. im 7. Cap. § 1, p. 424 daß das Nasenhorn, oder Cornu Rhinocerotis, sey ein dickes, dichtes und nicht ausgehöhltes Horn, etwa einer Ellen lang, äusserlich schwarz oder grau, inwendig weißlicht und schliftig, sehr strack und schwer, und wie ein halber Mond gekrümmet, unten dicke und oben spitzig, wie ein grosses Ochsenhorn: Es komme über Holland und Engelland, und gleichwie es vor diesem etwas sonderliches und seltsames gewesen, wie aus Schröders Pharmacop. Lib. V. p. 38 zu schlüssen; Also sey es jetziger Zeit nicht rares mehr, weil es bey allen Materialisten in Menge angetroffen werde, wie Marrius in seiner Materialcammer p. 169 berichte. Auf dem Rücken führet der Rhinocer noch ein anderes Horn, einer Hand lang, das ist wie eine Schraube gedrehet und spitzig, so dichte und so schwarz, als wie das vorige; Gesner hat selbiges in seinem Thierbuche in derjenigen Figur, die von einem lebendigen Nasenhorne, so dem Könige von Portugal aus Indien nach Lissabon gesendet worden, genommen und copiret worden, unter Augen geleget. Diese beyden Hörner machen das Thier bey den Büffeln und Tygern erschrecklich, ja selbst den Elephanten, mit welchen es nicht selten streitet, und denselben mit seinem Horne, das ihm auf der Nase sitzet, und womit es jenem den Bauch aufritzet, übermeistert, deswegen es auch Elephantenmeister genennet wird, wiewohl auch dieses seinen Meister wieder haben soll, dessen Horn in Nicolai Mus. Wittenb. zu sehen ist, und mit dem Thiere von Paraeo p. 79 S.S. Majalo, Camerar. Aeliano, Schrödern, Gesnern und andern beschrieben wird. Will der Rhinocer mit dem Elephanten einen Streit anfangen; so wetzet er zuvor sein obbesagtes Horn an einem Steine oder Felsen, bis es recht spitzig wird, tritt hernach seinen Elephantenkrieg an, und siehet zu, daß er sich unter den Wanst des Elephanten bringen möge, kan er nun dieses in aller Geschwindigkeit vollenden; so schlitzet er mit seinem spitzigen Horne den Ort am Leibe auf, wo es am allerweichsten ist, trifft er ihn, so muß der Elephanten sterben, fehlet er aber und kommt an einen härtern Ort, so kan er so nicht eindringen, unterdessen schläget der Elephante mit seinem Rüssel vor, wirfft das Nasenhorn zu Boden, zerreisset es mit seinen Zähnen und erleget es also. Die Zunge des Rhinocerots ist mit einer dermassen harten Haut überzogen, daß sie statt einer Raspel oder einer Feile zu gebrauchen ist, mit derselben schälet er alles und nimmt weg, was er belecket. Die Haut auf seinem Leibe soll überall mit breiten, dicken Schuppen bedecket seyn, die so gar harte wären, daß sie von gar keinem Gewehre durchdrungen werden könnten. Sie stünden als wie kleine Vierecke oder erhabene
[779]
Knöpffe ein wenig über die Haut heraus, und sähen castanienbraun. Daß aber dieses nicht, und besagtes Thier keinesweges mit vielen harten Schuppen oder Schalen bedecket sey, wie nicht allein einige Materialisten und Apothecker, als Pomet in Histor. simpl. Lib. 1. c.8. p.26 und Vielheuer in Beschreibung fremder materialien p. 175 sondern auch einige Gelehrte wohl schreiben dürfen, wird von andern Naturkündigen für ein bloß erdichtetes Mährlein angesehen; welches daher eintstanden seyn soll, wie die Haut dieses Thieres, so, wie des Elephanten Haut, schwarzgrau und ohne Haare wäre; in den Seiten und auf dem Rücken viel tieffe Runtzeln habe, welche die Mahler und Kupfferstecher durch solche muschelförmige Schattirung hätten abbilden wollen; daher andere vermeynet, es wären dergleichen harte Schalen und Pantzer, wie Worm in seinem Museo p. 336 aus Jacob Bontio, einem Indianischen Natur- und Geschicht-Schreiber, solchen Irrthum schon längst entdecket hat. Gleiche Beschaffenheit hat es auch mit der Meynung dererjenigen, welche mit dem Aeliano glauben, daß alle Nasenhörner männliches Geschlechtes wären, auch nicht, wie andere Thiere, durch Beywohnung beuderley Geschlechtes fortgepflanzet würden: denn ob man schon nirgends eigentlich beschrieben findet, wie sich diese Theire beywohnen und wie sie ihre Jungen erzühen; so streitet doch dieses wider die gantze Natur, in welcher auch das kleineste Ungeziefer nicht anders, als durch beyderley Geschlechtes Vermischung, fortgezielet wird, wie Franciscus Redi, ein gelehrter Italiäner, längstens in dem schönen Büchlein von Erzeugnung der Ungeziefer, erwiesen hat. Wer wolte nun glauben, daß ein solches ungeheures grosses Thier sich anders vermehre? zugeschweigen, daß solche Meynung der H. Scrift zuwider, auch Plinius schon Lib. X c. 36 von des Nasenhornes Zeugung einige Meldung gethan, wie Ulysses Aldrovandus in seinem Thierbuche de Quadrup. bisulcis Lib. I p. 366 in Acht genommen, welcher auch unterschiedliche Arten dieses Thieres anführet, so entweder von dem Unterschiede der Länder, oder der beyden Hörner genommen werden, die entweder alle beyde auf der Nase, oder nur eines auf der Nase und das andere auf dem Rücken stehen soll, wie am angeführten Orte mit mehrerem zu sehen ist. Das Nasenhorn hat sehr dicke Beine und grosse Füsse, von welchen jene sehen, als ob sie in schuppichten Stiefeln steckten. Es findet sich dieses Thier in den Wüsteneyen von Africa und Asien, in Siam und in China. Die Zweige von den Bäumen, welche überall voll stracker Stacheln sind, mag es gerne fressen. Es ist gantz zahm, wenn man ihm nur kein Leid thut, ja es werden zuweilen einige gantz zahm gemachet. Hingegen ist es desto mehr zu fürchten, wenn man es aufgebracht, da reisset es mit seinem Horne die Bäume samt der Wurtzel aus der Erde, zerbricht alles, was ihm nur vorkommt, wirfft Mann und Roß ohne grosse Mühe über den Hauffen und richtet noch mehr dergleichen Verwüstung an. Es soll seine Jungen ungemein sehr lieben, und sich dererselben dergestalt eifrig annehmen, daß es sich nicht eher an seinen Feinden räche, es habe denn seine Jungen zuvor in Sicherheit gebracht, da es doch sonst so rachgierig ist, daß es auch, daferne es etwan
[780]
geschossen worden, alles dasjenige, was ihm entgegen kommet, mit grossem Krachen und Geräusche, auch Schrecken dererm so est etwan anhören, zu Boden reisset. Die Thiere, welche es überwunden, lecket es mit seiner Zunge, daß Haut und Fleisch abgehen und die blossen Knochen liegen bleiben. Zur Artzney werden seine Hörner, Klauen und sein Blut gebrauchet; diese Theile führen viel flüchtiges Saltz und Oel: Sie dienen wider den Gifft, das Hertz zu stärcken, den Schweiß zu treiben, den Durchfall zu stillen und zu allen ansteckenden Kranckheiten. Die Kräffte der Hörner kommen mit dem Einhorne überein, welchem sie zuweilen auch substituiret und an dessen Stelle gebrauchet werde, wie Zacutus Lusit. Lib. IV Med. Princip. Hist. 51 bezeuget. Und gleichwie nicht zu zweifeln, daß sie, in Ansehung dessen, den Schweiß treiben, und wie man schreibet, allem Giffte und gifftigen ansteckenden Fiebern wiederstehen und selbige vertreiben; Sie werden entweder schlechterdings geraspelt oder gestossen zu einem bis zweyen Scrupeln eingenommen, oder auf eine andere Manier gebrauchet: angesehen auch ein köstliches Wasser daraus gebrannt und eine Essentz davon bereitet werden kan, wie Ettmüller in Comment. Schroed. p. 796 aus Fabers und Bartholets Schriften lehret. So werden auch Becher und Schalen aus diesen Hörnern gedrehet, dergleichen Worm in Mus. p. 381 eine beschrieben, darinne lassen einige den Wein stehen, den sie trincken wollen, und suchen sich damit vor allem Giffte zu bewahren und das Geblüte zu reinigen, wozu doch der Glaube das beste thun muß. Was Kircher schreibet, daß, wenn ihrer zweye einen blossen Degen mit den Fingern am Stich blatte schwebend empor halten, und er dritte mit einem Nasenhornshorne um die Spitze herum fahre, alsdenn er sich bewege, und endlich in der Lufft schwebend bleibe, dürffte auch die Probe ankommen.
Das Wort Rhinoceros kommt von _ιv, nares, nasus, die Nasenlöcher, die Nase, und [keras], cornu, Horn, als ob man sagen wolte, ein Thier mit einem Horne auf der Nase.

[ Home ][ Literature ][ Rhino Images ][ Rhino Forums ][ Rhino Species ][ Links ][ About V2.0]