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Kolb, P., 1719. Caput Bonae Spei Hodiernum, das ist: vollstaendige Beschreibung des Africanischen Vorgeburges des Guten Hofnung. Nuernberg, Peter Conrad Monath, pp. i-xix, 1-846, index

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Location: Africa - Southern Africa - South Africa
Subject: Text as original
Species: African Rhino Species


Original text on this topic:
[1719: 159]
Das Nashorn-Thier, welches von den Thier-Beschreibern Rhinoceros, von den Indianern Abada, von denen Hottentotten Tuabba, und auch Nabba genennt wird, ist so vielen Zwistigkeiten unterworfen, daß man fast, wegen der vielen wiederwärtigen Meinungen, in einen Irrgarten zu gerathen scheinet, wenn man dieselbige gegen einander halten, und vereinigen will. Zum wenigsten geräth man in Zweiffel, ob auch alle die Auctores einerley, und dasselbe Thier gemeinet und beschrieben haben. Denn einige unter ihnen stimmen in der Farbe, welches dieses Thier haben soll, nicht überein. Andere zweifeln an dem Maul, womit dieses Thier begabet ist. Noch andere machen die Grosse dieses Thiers ungleich. Wiederum sind andere, die ihm mehr als ein Horn, und selbiges noch von ungleicher Farbe zuschreiben. Endlich finden sich einige, die an der Krafft und Würckung dieses Horn zweiffeln. Daß also derjenige, welcher alle diese differente Meinungen wollte übereinbringen, sich viele Mühe geben, und manchem gelehrten Manne widersprechen müste.
Gleichwie aber dieses hier meines Thuns nicht ist; sondern vielmehr hierüber Bochartus, Plinius, Damianus de Goes, Camerarius, Franzius und Ludolfus, nebst sehr vielen andern können nachgelesen werden: also will mich hier nur der Kürtze befleissigen, und bloß, aus dem Jacobo Bontio Lib. V Histor. Natural. & Medic. cap. 1. Nieuhofio, Part.ult. seiner Batavischen Gesandtschafft nach den Königreich Sina, cap. 16 pag. 109, und aus Dappero in der Beschreibung von Africa pag. 20. b. eine kurtze Beschreibung dieses Thieres geben; jedoch also und dergestalt, daß, wo meine eigene erfgahrung etwas gründlichers weiß, solches nicht vergessen werden solle.
Der Rhinoceros also, oder das Nashorn-Thier, ist dunckler von Farbe als Aschen-grau, und tritt also etwas näher zur Schwartzen: ist glatt von Fell und hat darauf gantz keine Haare, wie auch die Elephanten haben. Die Haut ist runtzelicht und zerkerbet, auch von solcher Härte und Dicke, daß man mit einem scharfen Messer nicht wol durchschneiden kan. Er ist aber nicht schuppicht, wie ihn insgemein die Mahler vorstellen: hat
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auch keine Schilde, sondern die Runtzeln und Falten, kommen eines Theils von dem ungestümmen Lauffen durch Streiche und Hecken her; als die er niemalen achtet und deßwegen von denen Aesten der Bäume gekratzet wird: auch sich sonsten in dem Sand, und Koth, oder auf dürren Heyden und abgenagten Stümpffen, herum weltzet; also seine äusserste Haut elendig zerkratzet und zerkerbet. Anders Theils werden berührte Runtzeln und Falten auch von denen Musculen und derselben hefftigen und beständigen Bewegung formiret: und scheinen nur als ob sie Schuppen oder Schilde vorstelleten.
Sein Maul ist nach Proportion des Leibes, etwas spitziger als das von einen Schwein, wenn man es wieder mit dem ganzen Leib desselben vergleichen will. Es hat auf der Nasen ein schwarzes oder dunckel-graues Horn, nicht aber ein weisses, wie solches an den jungen Kälbern zu sehen ist; deren ich eines mitgenommen, und solches nachgehends einem vornehmen Patron verehrt habe. Dieses Horn ist entweder grösser oder kleiner, nachdem sich nemlich sein Alter erstrecket; doch wird eines der grössesten, nicht über zween schuh lang seyn: und dasjenige, welches ich mitgebracht, trug kaum die Länge eines Schuhes aus. Es ist selbiges in der Form eines Pflug-Säge, etwas gebogen: mit welchen er auch, wenn er erzürnet und böse gemachet wird, den Erdboden umackert, und dabey sehr schnell fortlauffet; auch nicht achtet, ob ihm ein eingewuttzelter Baum oder eine Klippe unterweges ausstösset, oder aus dem Weg zu raumen vorkommet: als welche er mit diesem Horn aus dem Grunde heraus reisset, und, so er es recht kan zu fassen bekommen, hinter sich und über seinen Kopff hinwirfft.
Gerade hinter diesem Horn, und recht nach der Stirn zu, hat er noch ein gantz kleines Horn, welches bey jungen Rhinoceroten, ungefähr eine quere Hand hoch ist, und bey den alten etwa einen halben SChuh austragen mag. Dieses ist unten auf der Stirn oder der Hirn-Schale, so breit als die Stirn selber, und lauffet oben gleichsam gewölbet zu. Es scheinet ihm dieses kurtze Horn mehr hinderlich als nützlich zu seyn, wenn er rasen und toben, oder kurtz zu sagen, wenn er ackern will; ja es düncket mich, daß es derAllweise und Allgütige Gott darum bey dem andern gesetzet, damit er seiner Wuth und Grausamkeit ein Gebiß gleichsam anlegen möge, welches ihn mitten in seinem Grimm im Zaum halte. Es ist aber dieses Horn gar uneigentlich ein Horn zu nennen, weil es inwendig nur mit einer dünnen schwärtzlichten Schaale überzogen ist.
Hieraus erhellet genugsam, daß das grosse Horn dicht und fest, an dem Kopffe gewachsen seyn müsse, indem man nicht leicht eines herab bringen wird, wenn man nit zugelich ein Stück von der Hirnschaale oder dem Kopf-Bein mit hinweg hacket. Weil er es auch zum Umreissen deds Grundes, oder zum Pflügen des Landes gebrauchet: so wird es vornean ein gemeines Ochsen-Horn; es nimmet auch etwas von der Kunde ab, und schleiffet sich also zu, daß es eine volkommene Pflug-Säge zu praesentiren scheinet.
Es ist ferner der Rhinoceros von sehr scharffen Geruch, und wenn er etwas lebendiges riechet, welches wenn der Wind nach ihm zugehet, gar leicht geschiehet: so rennet er in gerader Linie sporen-streichs auf selbiges zu, und achtet es gänzlich nicht, wenn auch gleich etliche Tausend mann mit geladenen gewehr daselbst auf ihn warteten: wie mir denn selbst, auch vielen andern sehr wohl-bekandten Freunden dergleichen wiederfahren. Es ist ihm gleichwol sehr leicht zu entwischen, wenn man nur unverrücket stehen bleibet, biß er gantz nahe hinzu kommet. Denn alsdenn darff man ihm nur, wenn er ungefähr biß auf sehen Schritte nahe gekommen, vier biß funff Schritte aus dem wege weichen, und ihn fort lauffen lassen: so verliehret er dadurch den Geruch plötzlich, und weiß nicht mehr, wo das zuvor gerochene hingekommen.
Seine Augen sind sehr klein, und nicht nach der Grösse des Leibes beschaffen: dahero kan er nichts zur seiten, sondern nur dasjenige sehen, was gerade vor ihm stehet. Es hindert ihn auch selbst die Grösse seines leibes, und die Kürtze der Beine, will nicht sagen am Lauffen, denn das wäre wider die Warheit, sondern nur am Umkehren. Woferne aber sein Gesicht so gut und scharff wäre, als sein Geruch ist, würde ihm schwerlich etwas, das er gesehen oder gerochen, lebendig entkommen können: inmassen er dergestalt schnell im Lauffen ist,
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daß er mit dem allerflüchtigsten und leichtesten Pferde nicht kan eingeholet werden. Seine Ohren sind ziemlich klein und gar nicht lang, wie doch die Grösse seines Leibes erfodern solte, und wird er damit dem Elephanten nicht viel nachgeben; weil aber seine Füsse kürtzer sind, als eines Elephanten, so ist er deswegen auch um so viel weniger ansehnlich.
Wenn er von niemand beleidiget, oder kurtz vorhero schon zum Zorn beweget worden, wird er nicht leichtlich jemand anfallen noch Schaden zuzufügen trachten; es wäre denn, daß man ein rothes, oder auch nur röthliches Kleid an hätte, als welche Farbe ihm gar sehr zu wider ist. So er jemand nach dem Leben stehet, und ihrer viele beysammen sind, so suchet er nicht gleich den, der ihn zu Zorn gereitzet; sondern er rächet sich an allen dem, was ihm in der Wuthe vorkommet. Es müssen dahero auch die leblosen Creaturen, Steine und Bäume herhalten, und ihm aus dem wege weichen. Ertappet er aber einen Menschen, so wirfft er ihn wohl hinter sich zu Boden, tödtet ihn aber nur mit Lecken; inmassen seine Zunge sehr rauh und stachlicht ist, mit welcher er die Haut und das Fleisch biß auf die Beine weglecket, und also den Menschen lebendig todt martert.
Um des willen, weil seine Zunge so rauh ist, frisset er auch wenig lindes Gras; sondern er suchet und wählet vielmehr grobe und stachlichte Disteln, auch rauhe Gesträuche als Heyde und scharffe Gebüsche, welche seine Zunge kitzeln, und der Kehle, nach geschehener Zermalmung mit den Zähnen, nichts schaden. Wie man denn eine gewisse Art dünnes und kurtzes Gebüsche, welches einigermassen der Wachholter-Staude gleichet, doch so gar stachlicht nicht ist, auch so anmuthig nicht riechet, noch Früchte träget wie jene, eben um deswillen, weil er so gerne abbeisset und frisset, Rhinoceros-Büsche nennet; von welchen das unbebauete Land fast allenthalben voll ist, und deren sich an etlichen Orten, als an den Tyger-Bergen, der Moschel-Banck und sonsten anders wo mehr, die Einwohner aus Mangel des Holzes zum Brennen bedienen müssen.
Die gröste Feindschaft aber, und gleichsam einen ewigen Haß träget der Rhinoceros gegen den Elephanten. Weil er weiß, daß dessen bauch weich ist, so suchet er sein grosses auf der Nase stehendes Horn, nachdem es an einem Stein, oder in der Erde gewetzet worden, in denselben einzustossen, um den gemeldeten Bauch damit aufzureissen; auf daß ihm, nebst Herausfallung der Eingeweyde, zugleich vieles Blut abgesapffet, und er also entkräfftet werden möge, daß er endlich darüber das Leben einbüsset. Man wird dahero befinden, daß ein elephant nicht leicht Stand halten werde, wenn er einen Rhinoceroten siehet; es sey denn, daß ihn derselbige unversehens, und nur nach dem empfangenen Geruch, überfället, wie davob die historien sattsame Zeugnisse ablegen.
Die Stimme eines Rhinoceroten gleichet bey nahe dem Gruntzen eines Schweins. Dahero masn ihn weiter sehen als hören kan. es sey denn daß man das Geprassel der Bäume, welche er ohne furcht, Schrecken oder Scheu, sowohl zornig als gütig durchlauffet, will zu Hülffe nehmen. Denn in diesem tezten Fall, kan man ihn eben so weit hören, als man einen Holtz-hauer in einem Wald mercken und aufsuchen kan. Er ist auch aus dem hinter- und über sich desgleichen aus dem Wegwerffen der Klippen, die ein grosses Getösse verursachen, leicht zu vermuthen; weil kein anderes Thier, wenigsten in diesem District der erde, solches zu thun sich unterstehet, noch weniger vermögend ist.
Sein Fleisch, welches ich offtmals genossen, und mit guten Appetit gespeisset, ist so gar Sennen-voll nicht, als andere schreiben, wohl aber hingegen sehr grob-dratig; also daß man gute Zähne haben muß, vornemlich wenn es ein wenig geräuchert worden, wenn man selbiges klein kauen, und zu einem guten Nahrungs-Safft bringen will. Sein Fell giebt eben so gute, und heilsame Artzeneyen, als sein Horn und sein Blut; wiewohl solches von einigen will geläugnet, und vor unbekandt gehalten werden, obgleich die vielfältige Erfahrung ein gantz anderes bekräfftiget.
Denn was sein Fell anbelangt, so habe ich von einem erfahrnen Mann gehöret, der viele Jahre auf Batavia, in den Illustren Compagnie Laboratorio-Chymico gedienet, daß er die Kolb Rhinoceros-Haut selbsten vielfältig genommen, und ein köstliches Saltz davon praepariret, welches dem Sali cornu cervi, oder
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auch sonsten einem andern nichts nachgegeben, mit welchen er wunderbahre Kuren verrichtet, und seine dißfalls angewandte Mühe gar reichlich bezahlet bekommen. Er ist auch nach
Teutschland zurücke gegangen, und hat unter andern Curiositäten, deren er sehr viele Gattungen bey sich gehabt, eine gu[te] Quantität dieses Saltzes mit sich genommen; von elchen Zweifels ohne mancher Teutscher wird profitiret, und seine Gesundheit dadurch wieder erlanget haben.
Die Krafft seines Horns bestehet darinnen, daß er keinen Gifft vertragen kan; wie mir denn wohl bewust, daß viele Leute einen Becher, in Form eines Pocals, aus solchen Hörnern drähen, und selbigen mit Silber oder Gold beschlagen lassen: in welches, wenn sie Wein giessen, so fänget selbiger ansobald an, Blasen aufzuwerffen, gleich als ob er kochete. Wird etwas widriges, und mit dem Gifft einige Gemeinschafft habendes in selbigen gethan, so springet er alsobald in Stücken: wenn es aber Gifft selbsten seyn sollte, so zerborstet er den ersten Augenblick. Dieses ist absonderlich denen grossen Herren, ingleichen auch andern, ein herzliches Mittel, wodurch sie sich vor Gifft hüten, und ihr Leben, dem offtmals sehr nachgestellet wird, Preiß-würdig erretten können: wie denn auch eben um deßwillen die Späne von den Drechslern abgefodert und bewahret werden, damit sie denenjenigen, welche etwa in Ohnmachten oder in andere gefährliche Kranckheiten verfallen, ja selbst mit der fallenden Sucht möchten behaftet seyn, Dienste leisten, und sie davon befreyen könen.
Das Blut des Rhinocerotis hat absonderlich diese Krafft, daß, wenn es in einem Rhinoceros-Darm gethan, und in demselben durch die heisse Sonnen-Strahlen getrocknet wird, selbiges hernachmals in gewisser maase, in Wein oder warmen Thée auch Caffée eingenommen, alle inwendige Schäden, Verrenckungen, Zerreissungen der Adern, und in Summa alles, was etwa inwendig möchte laediret seyn, viel besser, geschwinder, und ohne die geringste Gefahr curiren kan, als das Bocks- und anderer Thiere Blut zu thun vermag. es wird dahero auch von den Einwohnern sehr fleissig aufgefangen, gedrücknet, und auf das sorgfältigste bewahret; damit einer dem andern im Fall der Noth damit an die Hand gehen, und helffen könne.
Dieses könte hoffentlich von dem Rhinoceroten genug gesaget seyn, wenn nicht noch die Frage dienete aufgeworffen zu werden: ob nemlich der Rhinoceros, oder dasjenige Thier, welches die Ebreer, auch slebst die Heilige Schrifft Reem, oder Rhinoceros heisset, als Numer. XXIV. 8, Deuter. XXXIII. 17, Job XXXIX. 12. 13. 14. 15 zu sehen, vor den Leviathan zu halten und anzunehmen sey? Denn die meisten Eigenschafften, welche dem Leviathan zugeschrieben werden, kommen dem Rhinoceroti zu; wie Ludolfus in Comment. ad Histor. Aethiopicam pag. 154 num 84 ausgeführet: ob gleich Bochartus in Hierozoico P.I Lib.3 cap. 27 & P. II Lib. 6 cap.12 ingleichen Franzius, nebst Pfeiffero in Dub.Vexat. Cent.2 Loc. 45 pag 597 seqq. und viele andere mit ihnen ein widriges statuiren; als welche theils den Crocodil, theils den Wallfisch, theils auch den Elephanten davor erkennen und annehmen. Doch das fernere Urtheil, mag er, mein Herr, hierüber selbsten fällen, weil mir diesesmal weiter zu gehen nicht erlaubet ist.

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